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arsis
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G-LOCK  = gravity-lock
[nasa/milit.]=reaktionslähmung durch hohe beschleunigung

das projekt ARSIS thematisiert das verhältnis von jüdischer und christlicher religion; vor allem unter einbeziehung des faktors zeit soll ein neuer typus der denkmalskultur angeregt werden, der sich an verschiedenen orten neuerlicher installation/aufführung fortgesetzt entfalten kann.

Die Kunst und die Möglichkeit des Erinnerns - Eine Reflexion
Das Individuum lebt in einem Kontinuum, das durch Gedenktage gegliedert wird. Derartige Zäsuren hat jeder im Leben, man erinnert sich an Todestage, an Geburtstage, Hochzeitstage, an Tage schwerer Krankheit und an Genesung. Gedenken im öffentlichen Raum ist damit vergleichbar, ist aber zugleich mehr. Gedenken bedeutet gestaltete Erinnerung. Wir gedenken reflexiv. Wir denken nach, wir rufen uns etwas zurück. Gedenken ist der Ausdruck des Willens zur aktiven Erinnerung. Gedenken ist die Transformation der Erinnerung in das Spezielle.

Wenn wir den Begriff des Gedenkens aus dem vertrauten persönlichen Bereich übertragen in einen nationalen Bereich, dann können wir sehr viel lernen. Persönlich gedenkt man, indem man sich die Stimmung vergegenwärtigt, in der man sich in einer weit zurückliegenden Zeit befunden hat. Man orientiert sich an Zäsuren, indem man sich klarmacht, wie die Verbindung zwischen der ersten Zäsur und der Gegenwart gelaufen ist. Kollektives erinnern im staatlichen Rahmen hat die Aufgabe, Stimmungen zu vergegenwärtigen, in denen sich Menschen, Gruppen, Parteien zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit befanden. Wir müssen die Authentizität des Gefühls wieder in das Bewußtsein heben. Die Inszenierung der Erinnerung verlangt scheinbar, daß man die Erinnerung selbst gestaltet, d.h. daß man bestimmte Möglichkeiten ausschließt, andere verstärkt, überakzentuiert. Man "konstruiert" Geschichte. Das aber ist problematisch.

Wir sollten die Alternativen vor Augen führen, die verworfen wurden durch vergangene Geschichte, deutlich machen, wo die eigentlichen Kosten für Vergangenes festzumachen sind. Wir müssen die Schwierigkeit lösen, die bereits von Perikles angesprochen wurde, der im ersten peloponnesischen Krieg die erste Totenrede zu halten hatte. Er spürte das Dilemma, als Überlebender über Tote zu sprechen, weil er sich sagte: Wenn ich diese Situation falsch ins Bewußtsein hebe, werden mich alle korrigieren, wenn ich sie pathetischen ins Bewußtsein hebe, dann werden sich alle abwenden und sagen, so war die Zeit nicht.

In diesem Dilemma, Überpathetisierung genauso zu vermeiden wie Banalisierung, da steht die historische Erinnerung. Nehmen wir nur den 8. Mai 1945. Wir müssen uns hier alltägliche Dimensionen deutlich machen, auf die wiedergewonnene Freiheit blicken, emphatisch nachempfinden, aber auch auf die verlorene Heimat schauen. Historische Erinnerung darf die Möglichkeit nicht nutzen, Vergangenheit nur so zu konstruieren, daß sie der Gegenwart dienstbar ist. Vergangenheit ist immer das Eigenständige, das es abzuarbeiten gilt. Geschichte ist nicht die Theologie ihrer Zeit, die Sinn- und Deutungsangebote erschließen will. Vergangenheit ist der nicht neu zu gestaltende Rest, der in unsere Gegenwart hinüberragt und an dem wir uns abquälen müssen.

Ein großes Problem unserer Tage ist, daß wir lebensgeschichtliche Erfahrung und staatlich gewollte Inszenierung der Erinnerung nicht zusammenbringen. Wenn Gedenken gestaltete Erinnerung ist, dann haben wir die Aufgabe, die Vielfältigkeit und Widersprüchlichkeit der Bezugspunkte möglichen Gedenkens ins Bewußtsein zu heben. Wir haben uns nicht zu entscheiden, für eine einzige Deutung, sondern wir haben deutlich zu machen, daß in pluralistischen Gesellschaften vielfältige Deutungen möglich sind. Als Protestant, als Katholik, als Vertriebener, als Regimegegner, als ehemaliger Kommunist oder als Sozialdemokrat verbinde ich mit bestimmten Ereignissen jeweils etwas Unterschiedliches.

Wir Deutschen werden mit einer geschichtlichen Tatsache nicht fertig. Sie hat viele Namen: Holocaust, Shoah, Endlösung. Viele Namen für den Völkermord an den Juden, den Sinti und Roma, dazu kommen andere rassenpolitisch motivierte Verbrechen, Ermordung russischer Kriegsgefangener, von Geisteskranken, von ungezählten slawischen "Untermenschen". Kann der Versuch, durch künstlerische Mittel das größte und historisch einmalige Verbrechen vor das Auge der Nachwelt zu rücken, gelingen? Kann sie gelingen in einer Welt, in der sich immer noch Menschen schwer tun die Realität des Völkermordes anzuerkennen, sich in Auschwitz-Lügen flüchten und Kriegsverbrechen relativieren wollen oder darauf verweisen, daß in jedem Krieg Verbrechen verübt würden, damals, heute und morgen. Gegen Schlußstrich-Propagandisten hilft nur Erinnerung.

Ein Denkmal will ein Mahnmal, ein Stachel im Fleisch der "Nachlebenden" sein, so formulierte es Theodor Heus, der erste Bundespräsident. Heuss hat damals Protest als "Äußerung der moralisch Anspruchlosen" weggewischt. Seit damals hat sich der Protest nicht gelegt, wir dürfen weiter nicht moralisch anspruchslos sein. Kein besonderes würdiges Spiel wurde ja in Berlin gespielt bis vor kurzem: Denkmalsdiskussionen auf dem Niveau von Talkshows. Hannah Arendt hat schon früh erkannt, wie die Deutschen mit der Vergangenheit umgehen: sie lösen die Realität in eine fast beliebige Meinung auf. Dabei ging und geht es um die Konfrontation des Zeitzeugen mit einem Menschheitsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschheit und gegen die göttliche Ordnung.

Können wir uns aber wirklich in den Schatten eines Denkmals flüchten. Diese Frage bleibt ungelöst. Die Frage nach Verantwortung und Schuld ist Voraussetzung jeder Reflexion über Scham und Umkehr. Und beherzigen wir, was Dietrich Bonhoeffer, einer der wirklich Gerechten unseres Jahrhunderts sagte: Nichts von dem, was wir im anderen verachten, ist uns selbst ganz fremd.

Weil das Erinnern niemals nur das Festhalten eines vergangenen Ereignisses ist, sondern aus dem Nachdenken und der Reflexion, dem Austausch auch unterschiedlicher Erfahrungen mit der Geschichte lebt, bedarf es des Gesprächs, der gemeinsamen Erinnerungsarbeit. Die Kunst des öffentlichen Gedenkens beinhaltet nicht bloß die ästhetischen Umrisse von Gedenkstätten oder Standorten, sondern auch den Vorgang, der sie zum Entstehen brachte, das ständige Geben und Nehmen zwischen Denkmal und Betrachter und letztlich auch die Reaktion der Betrachter auf ihre Welt im Licht der erinnerten Vergangenheit: die Folgen der Erinnerung. Weder die Erinnerung noch die Intention ist monolithisch. Jede ist abhängig von einer breiten Ansammlung von Kräften und Faktoren - materiellen, ästhetischen, räumlichen und ideologischen.

Öffentliche Kunst hat Prozeßcharakter. Jede Kunst ist zeitbezogen, individuell bestimmt. Auch die Erinnerung steht niemals still. Erinnerung entsteht niemals in einem Vakuum, Beweggründe für das Erinnern sind immer vielfältiger Natur. Jede Zeit muß ihre Form des Erinnerns finden. Erinnerung ist kein Sonntagsgeschäft. Geschichte vollzieht sich in den Alltagsgeschäften.

Insofern die abstrakte Kunst Grundbedingungen dieser Welt darzustellen vermag, innere Zustände, ein gebrochenes Vertrauen in die Menschheit, oder sogar die Unmöglichkeit die Repräsentation des Realen durch die Kunst, stellt sie das breitgestreuteste Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten für den Künstler dar.

Während zeitgenössische Kunst von Betrachtern und Kritikern die Auseinandersetzung mit der eigenen Materialität, dem Bezug zu anderen vorherigen und zukünftigen Werken fordert, lenken Denkmäler von ihrer eigenen Gegenwart ab, und richten die Aufmerksamkeit gerade deshalb auf vergangene Ereignisse , weil sie nicht mehr gegenwärtig sind. Kann Kunst der Erinnerung dienen. Sie kann, sie muß aber nicht.

Robert Musil schrieb einmal: Es gibt nichts, das unsichtbarer als ein Monument wäre. Sie werden unbestreitbar deshalb errichtet, um gesehen zu werden und Aufmerksamkeit zu erregen. Gleichzeitig aber haben sie etwas an sich, das jede Aufmerksamkeit zunichte macht." Das Wort Monument kommt vom Lateinischen monere: es bedeutet erinnern und mahnen zugleich.

Es genügt nicht zu hinterfragen, inwiefern Denkmäler an den Holocaust erinnern oder auf welche Weise sie es tun. Es stellt sich gleichzeitig die Frage, zu welchem Zweck sie uns erinnern, das heißt, wie reagieren wir auf die heutigen Verhältnisse angesichts der erinnerten Vergangenheit? Wir müssen erkennen, daß die Form der Erinnerung nicht von dem in ihrem Namen ausgeführten Taten zu trennen ist, und daß eine Erinnerung ohne Konsequenzen den Keim ihrer eigenen Auslöschung in sich trägt. Denn wenn wir nur passiv die Konturen von Denkmälern aufzeichen, ihre Entstehung unerforscht lassen und von diesem Akt der Erinnerung unberührt und unverändert bleiben, haben wir uns wohl überhaupt nicht erinnert.

Gebt der Erinnerung Namen, so hat Saul Friedländer seine Dankrede bei der Verleihung des Geschwister Scholl Preises überschrieben. Und er hat eine Frage in Richtung Martin Walser gestellt. Die Deutschen sind ein normales Volk. Aber ist eine normale Gesellschaft eine Gesellschaft ohne Erinnerung, eine, die sich der Trauer entzieht, eine, die sich von der eigenen Vergangenheit abwendet, um nur noch in der Gegenwart und der Zukunft zu leben.

So wenig es "die" Kunst gibt, gibt es die Kunst der Erinnerung. Es gibt viele Möglichkeiten. Es gibt so viele Wege, wie es Individuen gibt. Das gilt für die Kunst und für die Erinnerung. Erinnerung steht immer auch in einer Zeit und die Zeiten ändern sich. Pantha rhei. Alles fließt.

"Erinnere mich, laß uns miteinander rechten" steht in Jesaja 43,26 und: "Nicht im Vergessen, sondern im Sicherinnern besteht das Geheimnis der Erlösung, hat der jüdische Philosoph Baal Schem Tov gesagt.

Stefan Rammer, Passauer Neue Presse

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programmvorschlag von stephanie k. schweiger, komponistin, berlin

werke für solostimme:
morton feldman - "only"

georges aperghis - "récitaion no. 9"

dieter schnebel - "ansätze" - neues werk (ua)

stephanie k. schweiger - "metaxy 1"

emanuele casale - "composizione"

josef anton riedl - aus "lautgedichte"

aldo clementi - neues werk (ua)

rupert huber - neues werk (ua)

gisburg - aus "hearts don't break that easily"

john cage - "aria"

stimme: anna clementi, rom